19. SONNTAG im Jahreskreis
Evangelium nach Matthäus (14,22-33)
Es ist eine dramatische Geschichte, die uns da erzählt wird, und obwohl ich sie schon so oft gelesen haben, hat sie mich ganz betroffen gemacht: Es wird uns hier ein Spiegel vorgehalten. Es geht um mich, um uns. Es geht um unsere menschlichen Grunderfahrungen von Angst und Vertrauen und Kleinglauben. Angst, die immer wieder unsere Existenz bedroht. Wie können wir mit dieser Angst umgehen? Die Geschichte vom Seesturm ist eine bildhafte Zusammenfassung unseres Lebens.
Unser Leben ist unberechenbar. Es gibt ein Auf und Ab, Sonnenschein, Ruhe und Entspannung, aber auch Stürme bis hin zu Katastrophen. Misserfolge Verlust des Einkommens, des Arbeitsplatzes, Verlust eines nahen Menschen, das Zerbrechen von Beziehungen, Unfälle, unheilbare Krankheit... Es gibt so viele Dinge und Ereignisse, existentielle Bedrohungen, die unser Leben durcheinanderbringen, bedrohen, die Angst machen, unser Leben wie in einem Sturm durcheinanderwirbeln. Haben Sie noch nie die Angst gehabt, „unterzugehen“? Steuern übersteigerte Ängste, übertriebene Sorgen mein Leben?
Menschen haben das Gefühl unterzugehen, wenn sie nichts mehr haben, woran sie sich halten, woran sie noch glauben können. Wenn ihre Hoffnungen immer enttäuscht werden. Wenn sie der Gewalt hilflos ausgeliefert sind. Wenn sie sich selbst verlieren. Die Seele ist aufgewühlt, ausgeliefert, ratlos. Stürmische See - im Herzen.
Haben Sie noch nie geschrienen: „Herr, rette mich!“ Haben Sie noch nie das Gefühl gehabt, Gott bzw. Jesus ist da, mitten in diesem Sturm? Oder haben Sie ihn dann für ein „Hirngespinst“ gehalten?
Gott ist bei uns, er geht mit uns, er ist uns auch dann nahe, wenn es in unserem Leben stürmisch zugeht. Diese Erfahrung haben die Jünger in und durch Jesus gemacht.
Dieser Petrus ist mir sehr sympathisch, weil so menschlich. „Herr, Jesus, wenn du es bist, so befiehl, dass ich auf dem Wasser zu dir komme.“ Jesus hat gerade gesagt: „Habt Vertrauen, ich bin es; fürchtet euch nicht!“ Petrus hat dieses Vertrauen, obwohl er sich nicht hundertprozentig sicher sein kann, dass es wirklich Jesus ist, der da ruft. Wenn du es wirklich bist, dann verlasse ich mich auf dich. Und das meint er, denn er verlässt das sichere Boot um den unmöglichen Schritt aufs stürmische Wasser zu wagen. Jesus sagt zu ihm nur „Komm“, und Petrus kommt.
Ist das Übermut? Hat dieser Petrus später nicht auch gesagt: „Und wenn ich mit dir sterben müsste, ich werde dich nie verleugnen“, und hat Jesus dann wenig später dreimal verleugnet? Auch hier ist sein Vertrauen groß, aber es dauert nicht lange. Er verliert den „Augenkontakt“ mit Jesus, sieht nur noch die bedrohlichen Wellen und er beginnt zu sinken. Petrus ist nicht ungläubig, aber er ist nicht standhaft. Die Wellen, die Schwierigkeiten im Leben machen uns wankelmütig. Wir sind „kleingläubig“. Unser Vertrauen zu Gott, zu Jesus, ist oft nicht groß genug. Aber wenn wir den Kontakt mit Jesus, mit Gott, verlieren, fühlen wir uns auch nicht mehr getragen. Es ist keine Katastrophe, wenn unsere Ängste, Zweifel, unser Kleinglaube, uns immer wieder einmal absinken lassen. Nehmen wir doch unsere menschlichen Schwächen, unser Versagen an als etwas, das zu uns gehört. Bitten wir in diesen Situationen wie Petrus: "Herr, rette mich!"
Am Verhalten des Petrus können wir ablesen, was Glauben bewirken kann. Dieses Vertrauen kann uns im Leben über Wasser halten! Das Vertrauen zu Gott mindert Verzagtheit und Ängste, mobilisiert in uns Kräfte und lässt uns neu nach Ideen und Lösungen suchen, die wir mal in kleinen, mal in größeren Schritten mutig wagen.
Jesus streckt seine Hand zu Petrus aus. Jesus ist die „ausgestreckte, helfende Hand Gottes“, die Gott in unsere Menschengeschichte schickt. Wir sollen sie immer greifen und uns nicht ablenken lassen durch die „Wellen des Lebens“, nicht den Blickkontakt mit Jesus verlieren. Denn dann erst gehen wir unter. In der Betrachtung des sinkenden Petrus, den Jesus bei der Hand ergreift und nicht untergehen lässt, sollen wir uns für das Wagnis mit Gott entscheiden.